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26. Februar 2011
Frankfurt/Main: Party zwischen den Wolkenkratzern
Wer hätte vermutet, dass der Begriff „Spaß“ hier in Downtown tatsächlich existiert, denke ich, während ich an meinem Bier für faire drei Euro nippe. Ich schaue aus dem 25. Stock auf den gelb beleuchteten Commerzbank-Tower. Es ist Samstag Abend in Frankfurt am Main, fast Mitternacht, die letzten Lichtvierecke der großen Glasfront gegenüber erlöschen gerade, während sich ein lauter House-Beat durch meinen Kopf frisst.
Beim Gedanken an die Wolkenkratzer von Mainhattan kommt einem sicherlich nicht sofort in den Sinn, dass es sich um ein Partyzentrum handeln könnte. Hier wird vor allem Geld verdient. Die Banken, die Börse, der Flughafen. Ich weiß zum Beispiel von 27-jährigen Berufseinsteigern, die in FFM nach erfolgreichem Studium an einer der großen Unis Europas mit einem Gehalt von bis zu 130.000 Euro pro Jahr ins Arbeitsleben starten. Es geht also bei sehr wenig Freizeit um so viel Geld, dass die Nachwuchskarrieristen ernsthafte Probleme haben, es wieder auszugeben. Dennoch geben sie sich größte Mühe, genau das zu schaffen – am Wochenende, wenn sie nach der energieraubenden Arbeit endlich einmal für wenige Stunden Zeit haben, zu leben. Dann werden die Fuffies durch den Club geschmissen. Durch die angesagten Yuppie-Läden, in die man auf keinen Fall mit den beiden gemütlichen T’s reinkommt: T-Shirt und Turnschuhe.
So hörte ich zum Beispiel vom King Kamehameha, das neulich sogar Mario Barth den Eintritt verwehrte, weil er nicht entsprechend gekleidet war. Wahrscheinlich gefiel dem Türsteher sein Shirt nicht, auf dem „Männer gehen kacken, Frauen aber auch“ stand – oder wie sein aktuelles Programm auch immer heißt.
Nö, von diesen Clubs will ich nicht berichten, denn ich werde sie selbst auch niemals von innen zu sehen bekommen. Eine ernstzunehmende Party-Alternative ploppt dafür einmal im Monat als hochgelegene Oase mitten in diesen Monstern aus Stahl und Glas auf. Egal, in welcher Richtung ich hier oben aus der Fensterfront schaue, eines der berühmten Hochhäuser Frankfurts befindet sich zu jeder Zeit in unmittelbarer Nähe: der runde Maintower, die Sparkasse mit dem berühmten Dreieckdach aus der Fernsehwerbung oder das relativ unspektakuläre Gebäude der Europäischen Zentralbank, vor dem das gelb und blau strahlende Euro-Symbol unten auf dem Asphalt von einer finanziell erfolgreichen Woche erzählt. Bilde ich mir zumindest ein, ich kann es so schlecht verstehen – die House-Musik, ihr wisst schon.
Der Club einhunderteins ist eigentlich gar kein Club. Einmal im Monat öffnet das 25. Stockwerk des Japan Centers in luftigen 101 Metern Höhe seine Pforten und lädt zum Feiern über der Stadt ein, ohne dass man dabei arm wird. Find ich gut. Wir entern den Aufzug im Erdgeschoss vor 23 Uhr und sind deshalb mit fünf Euro Eintritt und Happy-Hour-Getränkepreisen dabei. Ein nicht zu unterschätzender Bonus für knauserige Besucher (wie mich) aus kleinen Großstädten (wie meine Hood Kiel), wo es (m)eine weitverbreitete Ansicht ist, dass Parties für acht oder zehn Euro Eintritt gar nicht so gut sein können, als der Preis in irgendeiner Art und Weise gerechtfertigt wäre.
Stilvoll für den Abend zusammengeschustert besteht das Ambiente hier oben aus indirektem Licht in rot und blau, einer durchgehenden Spiegelleiste an der Wand und gemütlichen Sitzwürfeln in der Raucherlounge. Ich sitze und rauche – und spüre, dass Sex in der Luft liegt. Irgendwie. Je voller es wird, desto mehr wird geschaut und ausgecheckt. Es ist eine Mischung aus schick und verrucht, aus steifem Jung-Geschäftsmann und offener Hose. Heute Nacht geht es um mehr als das Verdrängen der stressigen Arbeit durch Alkohol. Ein Kerl gegenüber sitzt alleine auf einem Würfel, schaut in den Spiegel und fährt sich durch die Haare. Nach seiner Styling-Arie zu Hause fehlt offenbar noch ein kleines Stück zur Perfektion.
Es lohnt sich. Wenig später steht er neben mir an einem der Riesenfenster und knutscht ein ziemlich hübsches Mädchen. Schön für ihn. Aber was für eine Verschwendung, jetzt die Augen geschlossen zu haben, denke ich, während unter uns das dunkle Panorama der Moneymetropole funkelt. Ich verlasse die beiden Saugnäpfe in Richtung DJ und tanze in meinen beiden gemütlichen T’s durch die Nacht.
Deutschland-Reise
2 Wortmeldungen
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Mitfahrer
10. Februar 2012
Kenne Frankfurt nur von der elektronischen Musikszene aber selbst auf diesen „Szene“ Parties merkt man wie von Dir beschrieben die Einstiegsgehälter ab 100.000.-
Definitiv ein Clubbing Tipp für FFM: Sven Väths Cocoon Club.-
christoph
10. Februar 2012
Cool, danke für den Tipp!
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